Mittwoch, 27. September 2017

Afterbabyglow mit Insolence

Meine Begeisterung für Düfte rührt auch daher, dass mit vielen Gerüchen bestimmte Erinnerungen verbunden sind. Am Tag der Bundestagswahl begegnete mir völlig unerwartet im Wahlbüro ein Duft, den ich besonders mit der Zeit rund um die Geburt meines Sohnes verbinde: Insolence von Guerlain. Schon lange wollte ich über diesen besonderen Duft schreiben, heute erscheint es mir wie ein Wink des Schicksals, dieses Vorhaben umzusetzen.


Credit: Guerlain


Juni (oder war es Juli?) 2006 wurde Insolence in Wien vor geladenen Gästen im Museumsquartier in wunderschönem Rahmen präsentiert - und ich durfte dabei sein! Hochschwanger – und aufgrund der damals herrschenden Hitze - und anschließend stillend, trug ich eine Weile kein Parfum. Mein Flakon Insolence lachte mich immer wieder verlockend und schelmisch aus dem Regal zu Hause an. Im Herbst ´06 war es dann eines Tages so weit. Rein in die geliebte miss sixty Jeans (passt wieder, yeah!), dazu den geliebten grünen Kapuzenmantel und unser kleines Wunderwesen im Bugaboo. Kurz vor Verlassen des Hauses ein Hauch Insolence auf die Handgelenke...  Sicher eine ungewöhnliche Kombination Insolence und Afterbabyglow. Mit dem stolzen Papa ab ins Werkzeug H in Wien 15. Das Netzwerk eop hat geladen und wir besichtigen nebst anderen BesucherInnen die Exponate – auch unser Baby wird „besichtigt“ und bewundert. Interessante Gespräche – wer macht aktuell was, wann, mit wem und wo in Wien/Österreich/Deutschland/dem Rest der Welt. Wer kam, wer ging, wer, wie, was. 



Credit: http://www.co-vienna.com/de/imageviewer/werkzeugh/


Meine Aufmerksamkeit wird immer wieder auf das Baby im Wagen gelenkt, ist alles gut? Zeit zu füttern? Ist es zu laut hier? Ein Modus, der sich im Laufe der Jahre (wie wahrscheinlich bei allen Eltern kleiner Kinder) automatisiert. Stets dabei ein pudriger Hauch aus Veilchen und roten Früchten. Dezent und heimelig umweht er
mich. Dass Insolence, das als „Godzilla Floral“ und als "the most deliciously vulgar perfume on the market today."(Luca Turin) charakterisiert wurde, solche Wohlgefühle auslösen kann, scheint unmöglich.


Insolence ist in der Tat ein mächtiger Duft, der eine homöopathische Dosierung verlangt. Leider ist es mir später oft passiert, dass ich diese Regel nicht berücksichtigt und mir die Freude an Insolence daher selbst verdorben habe. Einmal hatte ich morgens nicht nur einen Sprayer auf mein Dekolltee aufgetragen und bekam schon auf dem Weg zur Arbeit starke Kopfschmerzen von der mich umwallenden Puderwolke....




Insolence Eau de Toilette: Knallig & krawallig


Credit: http://www.fanpop.com/clubs/i-dream-of-jeannie/quiz/show/84213/what-actor-played-tony-dream-jeannie


Meine geschilderte Insolence-Erinnerung bezieht sich übrigens auf das zuerst lancierte Eau de Toilette, das sich stark vom später erschienenen Eau de Parfum unterscheidet. Das Eau de Toilette startet mit einer sehr herausfordernden fruchtig akzentuierten Haarspraynote, der man kaum entkommt. Mich erinnerte sie stets an eine Art frechen, lästigen (insolenten!) aber auch faszinierenden Flaschengeist, der einen mit einer himbeerfarbenen Wolke (ja, ich rieche auch Himbeere) umschwirrt. Nach ungefähr 30 Minuten verzieht sich der Flaschengeist und gibt die Nase für die nun folgende Orangenblüte, Rose und pudriges Veilchen (letzteres nehme ich am stärksten wahr) frei.  Rund und schön wird es dann in der Basis, die blumigen Akkorde verschmilzen mit Sandelholz, Tonkabohne und weiteren Noten der traditionellen Guerlinade. Mich erinnert dies entfernt an das wunderschöne L`Heure Bleue – wobei Insolence von Anfang bis Ende weitaus „krawalliger“ und kapriziöser ist.


Insolence Eau de Parfum: Schüchternheit ist Tabu


Credit: Guerlain


Auch das Insolence Eau de Parfum startet fruchtig mit Erdbeere und Himbeere. Das klingt nun ein wenig nach „My little Pony“ und anderem pinken Plastikspielzeug, doch gerade der Vergleich mit den derzeit sehr beliebten intensiven gourmand-Düften à la „La Vie est Belle“ macht deutlich, dass Insolence Dank Guerlain eine gute Kinderstube hat und Maurice Roucel ein Meister seines Faches ist. Die scharfe krawallige Kopfnote des Eau de Toilette fehlt dem Edp. gänzlich, was es für manche Trägerin sicher angenehmer und tragbarer macht. Tiefer und weicher und runder als beim Eau de Toilette tritt nach und nach die Basisnote hervor Rose und Orangenblüte umschwirren das pudrige Veilchen und verbinden sich mit den fruchtigen Noten. Hier streift Insolence zwinkernd sein älteres Geschwister Apres L’Ondee. Verglichen mit dieser schönen älteren Schwester ist Insolence jedoch weitaus neckischer und direkter. Die Basis ist für meine Nase tiefer und vanillelastiger (oder ist es mehr Tonkabohne, die diesen Eindruck schürt?) als beim Eau de Toilette. Eine interessante Entwicklung, da der Duft sich vom fruchtig- floralen zu einem blumigen Orientalen entwickelt.



Der Flakon beider Insolence-Konzentrationen sowie es Extraits (seit 2015 nicht mehr in Produktion) ist ein Design von Serge Mansau. Er zeigt drei halbrunde Elemente, aufeinander gestapelt in unterschiedlicher Größe. Durch die  asymmetrische Anordnung der Teile hat der Flakon eine gewisse Dynamik, was der olfaktorischen Spirale von Insolence sehr entspricht.
Irgendwo im Netz las ich mal, dass Manche das Design mit einem Stapel ungespülter Teller verglichen. Mir gefiel es gut und ich bedauere, dass es offensichtlich mittlerweile gegen die klassische Bee-Bottle ausgetauscht wurde.


 
Credit: Guerlain

Fazit: Für Parfumfans und Experimentierfreudige ein „Testen-Muss“, dabei nicht die enorme Intensität beider Konzentrationen außer Acht lassen und Zeit mitbringen! Insolence ist ein Parfum mit hohem Wiedererkennungswert. Für Opern- und Restaurantbesuche nur in minimaler Dosis zu empfehlen.

Kennt Ihr Insolence und mögt Ihr es?
Bussis

Eure Kangourette

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