Meine Begeisterung für Düfte rührt auch daher, dass mit
vielen Gerüchen bestimmte Erinnerungen verbunden sind. Am Tag der Bundestagswahl
begegnete mir völlig unerwartet im Wahlbüro ein Duft, den ich besonders mit der
Zeit rund um die Geburt meines Sohnes verbinde: Insolence von Guerlain. Schon
lange wollte ich über diesen besonderen Duft schreiben, heute erscheint es mir
wie ein Wink des Schicksals, dieses Vorhaben umzusetzen.
Credit: Guerlain |
Juni (oder war es Juli?) 2006 wurde Insolence in Wien vor
geladenen Gästen im Museumsquartier in wunderschönem Rahmen präsentiert - und
ich durfte dabei sein! Hochschwanger – und aufgrund der damals herrschenden
Hitze - und anschließend stillend, trug ich eine Weile kein Parfum. Mein Flakon
Insolence lachte mich immer wieder verlockend und schelmisch aus dem Regal zu
Hause an. Im Herbst ´06 war es dann eines Tages so weit. Rein in die geliebte
miss sixty Jeans (passt wieder, yeah!), dazu den geliebten grünen Kapuzenmantel
und unser kleines Wunderwesen im Bugaboo. Kurz vor Verlassen des Hauses ein
Hauch Insolence auf die Handgelenke...
Sicher eine ungewöhnliche Kombination Insolence und Afterbabyglow. Mit
dem stolzen Papa ab ins Werkzeug H in Wien 15. Das Netzwerk eop hat geladen und
wir besichtigen nebst anderen BesucherInnen die Exponate – auch unser Baby wird
„besichtigt“ und bewundert. Interessante Gespräche – wer macht aktuell was,
wann, mit wem und wo in Wien/Österreich/Deutschland/dem Rest der Welt. Wer kam,
wer ging, wer, wie, was.
Credit: http://www.co-vienna.com/de/imageviewer/werkzeugh/ |
Meine Aufmerksamkeit wird immer wieder auf das Baby im
Wagen gelenkt, ist alles gut? Zeit zu füttern? Ist es zu laut hier? Ein Modus,
der sich im Laufe der Jahre (wie wahrscheinlich bei allen Eltern kleiner
Kinder) automatisiert. Stets dabei ein pudriger Hauch aus Veilchen und roten
Früchten. Dezent und heimelig umweht er
mich. Dass Insolence, das als „Godzilla Floral“ und als
"the most deliciously vulgar perfume on the market today."(Luca
Turin) charakterisiert wurde, solche Wohlgefühle auslösen kann, scheint
unmöglich.
Insolence ist in der Tat ein mächtiger Duft, der eine
homöopathische Dosierung verlangt. Leider ist es mir später oft passiert, dass
ich diese Regel nicht berücksichtigt und mir die Freude an Insolence daher
selbst verdorben habe. Einmal hatte ich morgens nicht nur einen Sprayer auf
mein Dekolltee aufgetragen und bekam schon auf dem Weg zur Arbeit starke
Kopfschmerzen von der mich umwallenden Puderwolke....
Insolence Eau de Toilette: Knallig & krawallig
Credit: http://www.fanpop.com/clubs/i-dream-of-jeannie/quiz/show/84213/what-actor-played-tony-dream-jeannie |
Meine geschilderte Insolence-Erinnerung bezieht sich
übrigens auf das zuerst lancierte Eau de Toilette, das sich stark vom später
erschienenen Eau de Parfum unterscheidet. Das Eau de Toilette startet mit einer
sehr herausfordernden fruchtig akzentuierten Haarspraynote, der man kaum
entkommt. Mich erinnerte sie stets an eine Art frechen, lästigen (insolenten!) aber
auch faszinierenden Flaschengeist, der einen mit einer himbeerfarbenen Wolke (ja,
ich rieche auch Himbeere) umschwirrt. Nach ungefähr 30 Minuten verzieht sich
der Flaschengeist und gibt die Nase für die nun folgende Orangenblüte, Rose und
pudriges Veilchen (letzteres nehme ich am stärksten wahr) frei. Rund und schön wird es dann in der Basis, die
blumigen Akkorde verschmilzen mit Sandelholz, Tonkabohne und weiteren Noten der
traditionellen Guerlinade. Mich erinnert dies entfernt an das wunderschöne
L`Heure Bleue – wobei Insolence von Anfang bis Ende weitaus „krawalliger“ und
kapriziöser ist.
Insolence Eau de Parfum: Schüchternheit ist Tabu
Credit: Guerlain |
Auch das Insolence Eau de Parfum startet fruchtig mit Erdbeere
und Himbeere. Das klingt nun ein wenig nach „My little Pony“ und anderem pinken
Plastikspielzeug, doch gerade der Vergleich mit den derzeit sehr beliebten
intensiven gourmand-Düften à la „La
Vie est Belle“ macht deutlich, dass Insolence Dank Guerlain
eine gute Kinderstube hat und Maurice Roucel ein Meister seines Faches ist. Die
scharfe krawallige Kopfnote des Eau de Toilette fehlt dem Edp. gänzlich, was es
für manche Trägerin sicher angenehmer und tragbarer macht. Tiefer und weicher
und runder als beim Eau de Toilette tritt nach und nach die Basisnote hervor
Rose und Orangenblüte umschwirren das pudrige Veilchen und verbinden sich mit
den fruchtigen Noten. Hier streift Insolence zwinkernd sein älteres Geschwister
Apres L’Ondee. Verglichen mit dieser schönen älteren Schwester ist Insolence
jedoch weitaus neckischer und direkter. Die Basis ist für meine Nase tiefer und
vanillelastiger (oder ist es mehr Tonkabohne, die diesen Eindruck schürt?) als
beim Eau de Toilette. Eine interessante Entwicklung, da der Duft sich vom
fruchtig- floralen zu einem blumigen Orientalen entwickelt.
Der Flakon beider Insolence-Konzentrationen sowie es
Extraits (seit 2015 nicht mehr in Produktion) ist ein Design von Serge Mansau.
Er zeigt drei halbrunde Elemente, aufeinander gestapelt in unterschiedlicher
Größe. Durch die asymmetrische Anordnung
der Teile hat der Flakon eine gewisse Dynamik, was der olfaktorischen Spirale
von Insolence sehr entspricht.
Irgendwo im Netz las ich mal, dass Manche das Design mit
einem Stapel ungespülter Teller verglichen. Mir gefiel es gut und ich bedauere,
dass es offensichtlich mittlerweile gegen die klassische Bee-Bottle
ausgetauscht wurde.
Fazit: Für Parfumfans und Experimentierfreudige ein
„Testen-Muss“, dabei nicht die enorme Intensität beider Konzentrationen außer Acht
lassen und Zeit mitbringen! Insolence ist ein Parfum mit hohem
Wiedererkennungswert. Für Opern- und Restaurantbesuche nur in minimaler Dosis
zu empfehlen.
Kennt Ihr Insolence und mögt Ihr es?
Bussis
Eure Kangourette
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