Mittwoch, 6. Mai 2020

Mandorlo di Sicilia - bitte ohne Vino Santo


Cantuccini sind ein lustiges Gebäck aus Norditalien, das ich zum ersten Mal von meiner verflossenen Schwiegermutter kredenzt bekam. Herzhaft biss ich in das kleine krosse Etwas, was ich sogleich bereute, da das Ding mehr als kross, nämlich steinhart und äußerst staubig schmeckte. Glücklicherweise verfüge ich über starke und feste Beißerchen, sonst hätte mich das Abenteuer glatt auf die Liege von Dr. S., meiner Wiener Zahnärztin, katapultiert. 

Bildrechte Utopia.de bzw. Foto: CC0 / Pixabay / LoboStudioHamburg


Lernfähig wie ich zuweilen bin, habe ich schnell verstanden, dass man Cantuccini entweder vornehm kabbert oder sie mit Café oder einem Glas Vin Santo genießt. Letzteres ist selbst mir Süßnase zu viel des Guten und so habe ich auch bei meinen späteren Aufenthalten in Norditalien stets den Café, am liebsten starken, schwarzen Espresso bevorzugt. Der Espresso ist auf diese Weise übrigens nach und nach Bestandteil meines Lebens geworden, pur schwarz, stark, ohne Gedöns wie Milch oder Zucker. 




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Die Cantuccini hingegen habe ich mit dem Verfließen dieser Schwiegermutter irgendwie vergessen. Und dann kam die Corona-Pandemie und die Zeit zu Hause wurde lang und meine Backkünste sind doch recht übersichtlich, so dass ich mich wagemutig eines Tages zwischen homeoffice, e-learning meines Kronprinzen und nach einem Artikel über Italiens Leckereien daran machte, Cantuccini selbst zu backen.Die Sache war gar nicht so schwer, erst das Rezept für blutige Anfängerinnen aus Mehl, Mandeln, Zucker, Eiern und Vanillemark getestet, mit nicht nur für mich überzeugendem Ergebnis.

Beim zweiten und dritten Versuch fügte ich kühn geriebene Zitronen bzw. Orangenschalen hinzu mit dem Erfolg, dass die Dinger noch schneller weggefuttert wurden als beim ersten Durchgang.

Bildrechte https://www.reise-nach-italien.de/florenz.html

Italien, Toskana, Florenz, oh wie sehr packte mich gerade in dieser Phase der Quarantäne die Reiselust und der Gusto auf Dolce Vita! Doch abgesehen davon, dass ich derzeit generell von einer Italienreisen absehen würde, hat doch Corona dort in einigen Landesteilen ordentlich gewütet und an vollständige Entwarnung ist meines Erachtens noch nicht zu denken, ist die Reisekasse, ebenfalls dank “Oasch-Virus Corona”, einstweilen zu dünn für eine Reise dieses Formats. Eine kleine olfaktorische kostengünstigere Reise versprach ich mir von Mandorlo di Sicilia aus der Blu Mediterraneo-Reihe von Acqua di Parma, also schnell eine Abfüllung organisiert. Bevor ich auf den Duft selbst eingehe, möchte ich kurz meine Erwartungen darlegen und was diese mit Cantuccini zu tun haben. Vor meinem inneren Auge hatte ich die bezaubernde Beatrice aus Il Postino oder die junge dralle Claudia Cardinale und einen pudrigen Mandel-Duft mit insgesamt dezenter, trockener Süße und leicht zitrischen Noten im Auftakt und einer moschuslastigen Basis. 


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Das entspricht mehr oder weniger einem Cantuccini in Duftform und wenn man die Duftpyramide von Mandorlo di Sicilia auf der Homepage von Acqua di Parma studiert:

Die Kopfnote: Sternanis, italienische Bergamotte, italienische Orange
Herznote: Grüne Mandeln, Ylang Ylang
Basisnote: Madagaskar-Vanille, libanesisches Zedernholz, Tolubalsam, Moschus*

Um es vergleichsweise kurz zu machen: ja, bekommen habe ich den Cantuccini - allerdings mit klebrigem  Vino Santo und letzteren hatte ich ja gar nicht bestellt! Mandorlo di Sicilia startet schon im Auftakt vollmundig süß, die gelisteten zitrischen Noten im Auftakt sind für meine Nase auf ein ebenfalls recht süßliches Orangenaroma reduziert, das mich entfernt an die Erfrischungsstäbchen in dunkler Schokolade erinnert, die ich als Kind manchmal bei meiner Oma naschte. In Windeseile tritt ein – leider ebenfalls süßer – Mandelakkord hervor. Die Süße konnte vom gelisteten Ylang Ylang stammen, ich habe mit Ylang Ylang sehr unterschiedliche Dufterfahrung, mal ist er blumig – üppig, mal eher blumig-vanillig, manchmal für meine Nase einfach klebrig. 

Foto via https://www.parfumo.de/


Hier vermag ich es nicht zu identifizieren, wobei ich die in der Basis gelistete Vanille als eigentliche Übeltaterin verdächtige. Von Zederholz und Moschus bemerke ich nämlich nichts, das Ganze versackt für mich in einer recht einfachen zuckrigen Vanillemelange und lässt mich von Salzkräckern, sauren Gurken und Currywurst träumen. 

Aufgeben werde ich meine Abfüllung Mandorlo di Sicilia trotzdem nicht so schnell, vielleicht wird sie mir im kommenden Winter gut Dienste leisten und dann unter Wollpullover und mit warmen gefütterten Stiefeln an den Füßen ihren wahren Charme entfalten. Außerdem bin ich ob meines geografischen Potpourris vielleicht selbst Schuld, dass meine Erwartungen nicht erfüllt wurden. Zwischen der Toskana und Sizilien liegen nicht nur Kilometer, sondern sicher auch Welten. Eine toskanische Spezialität in einem als sizilianisch deklarierten Duft zu suchen war daher vielleicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Welche Düfte verbindet ihr mit Urlaub?
Bussis
Eure Kangourette


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