Freitag, 23. März 2018

Die grauen Busse


Als mein Sohn sich das erste Mal begeistert auf das Denkmal der Grauen Busse am Rathenauplatz in Frankfurt am Main stürzte, war mir ehrlich gestanden im ersten Augenblick nicht bewußt, woran dieses Denkmal erinnern soll.




Natürlich hatte ich zuvor schon von der „Euthanasie“, dem Mord an psychisch Kranken, körperlich und geistig Behinderten im Nationalsozialismus gelesen und gehört. Dass diese in Heil- oder Pflegeanstalten befindlichen bedauernswerten Menschen in grau gestrichenen ehemaligen Postbussen in Tötungsanstalten gebracht wurden, war mir nicht bekannt.





Das Denkmal ist „als Transportmittel der Erinnerung“ für die Euthanasie-Opfer und soll sowohl Opfer als auch Täter und die Tat reflektieren. Es besteht aus zwei Betonbussen. Vorbild sind jene Omnibusse vom Typ Mercedes-Benz O 3750, die von der sogenannten „Gemeinnützigen Krankentransport GmbH“ (Gekrat) eingesetzt wurden.




2006 wurde der Graue Buss als Denkmal für die Opfer der Krankenmorde der nationalsozialistischen „Aktion T4“ (sogenannte „Euthanasie“) im Zentrum für Psychiatrie Weißenau (der ehemaligen „Heilanstalt Weißenau“) in Ravensburg errichtet.* Der Entwurf der Grauen Busse stammt von Horst Hoheisel und Andreas Knitz aus einem Wettbewerb im Jahr 2005.


Der zweite identische Bus wechselt seit 2007 seine Standorte. In Frankfurt wird er noch bis Mai 2018 zu sehen sein. Mehr als 1000 Frankfurterinnen und Frankfurter fanden in Hadamar den Tod durch das Giftgas Kohlenmonoxid. Innerhalb des Denkmals steht das Zitat „Wohin bringt Ihr uns?“ – ein überliefertes Zitat eines Mannes, der in einem der Busse abgeholt wurde.






Der Begriff Euthanasie stammt übrigens aus dem Griechischen und heißt übersetzt „guter Tod“. Was für eine zynische Bezeichnung für den Mord an Menschen, die man als „lebensunwert“ einstufte! Insgesamt fanden in diesen deutschen Tötungsanstalten der Nationalsozialisten zwischen 1940 und 1941  140.546 Menschen den Tod (Quelle Hartheimer Statistik). Im Nürnberger Ärzte-Prozess 1947 zeigte sich jedoch, dass diese Zahl nur einen Bruchteil des Verbechens widerspiegelt, denn die Anklage ging von insgesamt 275.000 Getöteten aus.**

Das Denkmal soll die gedankliche und die öffentliche Auseinandersetzung anregen. Einige Künstler haben ihre Eindrücke in Performances, Begleitfilmen u.ä. verarbeitet.***

Mein Sohn (11) und ich haben nach der Besichtigung des Grauen Busses lange darüber gesprochen und dabei auch die eigene Familiengeschichte intensiv thematisiert.

Wenn Ihr demnächst in Frankfurt seid, dann schaut Euch das Denkmal an!

Bussis
Eure Kangourette



* http://www.dasdenkmaldergrauenbusse.de/
**http://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/

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