Als mein Sohn sich das erste Mal begeistert auf das Denkmal
der Grauen Busse am Rathenauplatz in Frankfurt am Main stürzte, war mir ehrlich
gestanden im ersten Augenblick nicht bewußt, woran dieses Denkmal erinnern
soll.
Natürlich hatte ich zuvor schon von der „Euthanasie“, dem
Mord an psychisch Kranken, körperlich und geistig Behinderten im
Nationalsozialismus gelesen und gehört. Dass diese in Heil- oder
Pflegeanstalten befindlichen bedauernswerten Menschen in grau gestrichenen
ehemaligen Postbussen in Tötungsanstalten gebracht wurden, war mir nicht
bekannt.
Das Denkmal ist „als Transportmittel der Erinnerung“ für die
Euthanasie-Opfer und soll sowohl Opfer als auch Täter und die Tat reflektieren.
Es besteht aus zwei Betonbussen. Vorbild sind jene Omnibusse vom Typ
Mercedes-Benz O 3750, die von der sogenannten „Gemeinnützigen Krankentransport
GmbH“ (Gekrat) eingesetzt wurden.
2006 wurde der Graue Buss als Denkmal für die Opfer der
Krankenmorde der nationalsozialistischen „Aktion T4“ (sogenannte „Euthanasie“)
im Zentrum für Psychiatrie Weißenau (der ehemaligen „Heilanstalt Weißenau“) in
Ravensburg errichtet.* Der Entwurf der Grauen Busse stammt von Horst Hoheisel
und Andreas Knitz aus einem Wettbewerb im Jahr 2005.
Der zweite identische Bus wechselt seit 2007 seine
Standorte. In Frankfurt wird er noch bis Mai 2018 zu sehen sein. Mehr
als 1000 Frankfurterinnen und Frankfurter fanden in Hadamar den Tod durch das
Giftgas Kohlenmonoxid. Innerhalb des Denkmals steht das Zitat „Wohin bringt
Ihr uns?“ – ein überliefertes Zitat eines Mannes, der in einem der Busse
abgeholt wurde.
Der Begriff Euthanasie stammt übrigens aus dem Griechischen
und heißt übersetzt „guter Tod“. Was für eine zynische Bezeichnung für den Mord
an Menschen, die man als „lebensunwert“ einstufte! Insgesamt fanden in diesen
deutschen Tötungsanstalten der Nationalsozialisten zwischen 1940 und 1941 140.546 Menschen den Tod (Quelle Hartheimer
Statistik). Im Nürnberger Ärzte-Prozess 1947 zeigte sich jedoch, dass diese
Zahl nur einen Bruchteil des Verbechens widerspiegelt, denn die Anklage ging
von insgesamt 275.000 Getöteten aus.**
Das Denkmal soll die gedankliche und die öffentliche
Auseinandersetzung anregen. Einige Künstler haben ihre Eindrücke in
Performances, Begleitfilmen u.ä. verarbeitet.***
Mein Sohn (11) und ich haben nach der Besichtigung des
Grauen Busses lange darüber gesprochen und dabei auch die eigene Familiengeschichte
intensiv thematisiert.
Wenn Ihr demnächst in Frankfurt seid, dann schaut Euch das
Denkmal an!
Bussis
Eure Kangourette
* http://www.dasdenkmaldergrauenbusse.de/
**http://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/
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