Freitag, 24. April 2015

Vivre les quatre-vingt-dix/Es leben die Neunziger/Viva gli anni novanta

Früher war alles besser – sogar die Zukunft! The importance of being Earnest*, also die späten 90er Jahre haben mich sehr geprägt. Nachdem Anfang des Jahrzehnts überall "Smells Like Teen Spirit" zu hören und CK One zu erschnuppern war, relaxten wir in der zweiten Hälfte lässig mit kurzem Blümchenkleid und groben Stiefeln dazu oder räkelten uns in Schlagjeans mit terrakottafarbem-Lippenstift und - nach Pulp fiction** - Rouge Noir von Chanel auf den Nägeln und amüsierten uns über Bill Clintons Lewinsky Affäre. 


Credit: http://www.artnet.com/artists/francesca-woodman/providence-rhode-island-a-SarZyMvKyM_mtYfuPSGEKQ2


Im Kino und Fernsehen sowie auf Plakaten und in Zeitschriften konnten wir ab 1998 hippe junge Paare in minimalistischen schwarzen Shirts bewundern, die einander unter der Prämisse "get together" auch Dank der Düfte von Emporio Armani lei/elle/she/ella sowie lui/il/he/él näher kamen. Es schien, dass nach Jahren der frischen, sauberen, nahezu keimfreien (Unisex-) Düfte à la L´Eau D´Issey und Konsorten, die mit massiver Aufklärung hinsichtlich HIV- Prävention einhergingen, nun wieder langsam eine offensichtlichere Sexualisierung im Duftsektor geschah. Get together – die schlichten Flakons transportierten diese message vorsichtig und glaubwürdig, da sie durch kleine, aber entscheidende "Details" das jeweilige Geschlecht verkörpern.



Credit: https://m1.behance.net/rendition/modules/18792651/disp/8586fd8d8fbcd73aca5cb9c0d12b9eb3.jpg
 

Selbst wenn einem dieser säulenartige Flakon nicht gefällt, muss man zugeben, dass er eindeutig und sehr direkt, aber auch minimalistisch und zurückhaltend-distanziert daher kommt. Diesen warm-kühlen Eindruck vermittelt auch der Damenduft "lei" selbst. Dezent fruchtig-holzig und leicht blumig startet "lei" ihren Siegeszug. Etwas kurzatmig, der Auftakt für meine Nase, geht es ohne zu zögern schnell weiter zu einer äußerst kuscheligen Basis, die für mich nach noblem holzigem (dürfte unter anderem auf Moschus basieren) Puder mit warmem leckerem Akzent (Heliotrop?) duftet. Den von mir unendlich geliebten Jasmin entdeckt meine Nase nicht dezidiert, der cremige Eindruck könnte zusätzlich vom Maiglöckchen herrühren. Das kenne ich von einem bekannten Calvin Klein Duft- wann immer ich ihn rieche, habe ich sofort eine bestimmte Assoziation mit Babypuder vor Augen bzw. Nase - aber dazu ein andermal mehr. Bei Iris bzw. Iriswurzel setzen meine Duftsinne häufig aus, es gibt einige Düfte, worin sie enthalten sein soll - . Doch ich rieche, will sagen meine Nase erkennt sie ehrlich gestanden, nicht. Wenn ich Iriswurzel denn mal wahrnehme (z.B. sehr kurz in Hermes´ Hiris), duftet sie erdig- frisch. 

 
Credit: http://borzui.tumblr.com/post/62891925458

Der kühle Akzent in "lei" könnte ihr geschuldet sein – und dafür verantwortlich sein, dass der Duft nicht zur heftigen Puderbombe wird. Überhaupt gefällt mir bei "lei" diese undefinierbare warm-kühle Mischung außerordentlich und damit bin ich nicht alleine, neulich schnupperte es am frühen Nachmittag im Esszimmer zu Hause plötzlich lecker pudrig-holzig. Mein neugieriger Sohn hatte dem schlichten Flakon, der auf meinem Sekretär drapiert für diese Duftbesprechung bereit stand, nicht wiederstehen können und sich einen kurzen Sprüher direkt auf den Bauch genehmigt, was eine Kuschelattacke meinerseits zur Folge hatte (natürlich knuddel ich mein Kind in der Regel unparfumiert). Mein Sohn jedoch brachte auf den Punkt, was viele Fans von "lei" wahrscheinlich ähnlich empfinden: "Das riecht einfach sehr gut, lecker - und ein bisschen wie ein gutes Geheimnis!"


Kennt ihr "lei" und empfindet ihr es ähnlich?
Bussis
Eure Kangourette
 

* Vgl. Deutscher Titel "Ernst sein ist alles" von Oscar Wilde, vgl.: https://www.gutenberg.org/files/844/844-h/844-h.htm
**von Quentin Tarantino, vgl. z.B: http://www.rottentomatoes.com/m/pulp_fiction/




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