Donnerstag, 25. Oktober 2012

Parfum und Ethik

Das Thema Ethik und Parfum wird, wenn überhaupt, vorrangig im Zusammenhang mit Material, Rohstoffgewinnung oder Gesundheit diskutiert. So ist es z.B. nach dem Washingtoner Artenschutz-Abkommen verboten, mit den Produkten von Pottwalen Handel zu betreiben, was den Ersatz echter grauer oder schwarzer Ambra (ein Bestandteil der Basisnote des weltbekannten Chanel No 5- um nur ein Beispiel zu nennen) durch  synthetisch hergestellte Ambra in der Parfumerzeugung zur Folge hatte.


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Ferner ist auch die Schädlichkeit bestimmter Inhaltsstoffe für die Gesundheit Bestandteil der Diskussion. Damit ist nicht nur die leidige Verbannung von Eichenmoos aus Mitsouko, Obsession und Konsorten gemeint (IFRA Richtlinie), sondern der Einsatz umstrittener (z.B. Polyzyklische Moschus-Verbindungen) oder gar erwiesenermaßen giftiger Inhaltsstoffe (Phthalate usw.)* in einem Großteil der handelsüblichen Parfums.


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Doch wer hat sich je über Parfum und Politik Gedanken gemacht? Parfum bzw. Parfumhäuser geraten in gesellschaftlich-politische Diskurse nur wenn jemand aus ihren Reihen durch Statements negativ auffällt (z.B. Jean-Paul Guerlain 2010 in einem TV-Interview).


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Aber würde es einen davon abhalten, einen geliebten Duft zu tragen, wenn man erführe, dass ein bekannter Diktator ihn auch trägt bzw. trug? Das ist schon etwas anderes als Düfte, die den Namen der unvermeidlichen Paris Hilton tragen zu meiden, weil man die Dame nicht ausstehen kann.

Und was ist eigentlich mit Parfumeuren und Modedesignern, die direkt im Auftrag von Oberhäuptern diktatorischer, faschistischer Regimes arbeiten? Unlängst wurde bekannt, dass Supernase Parfumeur Bertrand Duchaufоur im Auftrag von Gulnаrа Kаrimоvа, der Tochter des usbekischen Präsedenten (und Diktators) Islom Karimov zwei Düfte („Mystérieusе“ und „Victоrious) kreiert hat.** Gulnаrа Kаrimоvа begründet ihren Wunsch nach einer eigenen Duftlinie mit ihrer unlängst gestarteten Gesangskarriere, die sie, ähnlich der von ihr angeblich bewunderten amerikanischen Popgrößen mit einer Duftlancierung ergänzen möchte. Ihren luxurösen Lebensstil – und somit auch die beiden Arbeiten Duchaufоurs – kann sich Kаrimоvа als Tochter des Staatsoberhaupts eines korrupten, dikatorischen Systems locker leisten. Die Ironie dieser Angelegenheit setzt sich in der Beschreibung der Düfte fort, so heißt es sinngemäß in der Beschreibung des Männerduftes „Victorious“, er repräsentiere einen Mann voller Triumphe und sei eine Harmonie aus kontrastierenden Duftnoten.


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Die Parfumindustrie ist ein hartes Terrain, das immer schnellebiger wird. Der heutige Guerlain-Hausparfumeur Thierry Wasser soll über den Erfolgsdruck in der Branche gesagt haben, jeder Parfumeur träume davon das nächste „J´Adore“ (der Bestseller von Dior) zu kreieren. Dennoch bleibt zu fragen, ob man von Parfumeuren, aber auch von luxuriösen High-Fashion-Modehäusern (von denen einige bereits exklusiv für Karimova gearbeitet haben) verlangen kann, ihre Auftraggeber nach ethischen Gesichtspunkten auszuwählen.

Was meint Ihr?
Bussi
Eure Kangourette

*http://marktcheck.greenpeace.at/1966.html 

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